Rein zahlengetriebene Unternehmen scheitern oft daran, ein motivierendes Umfeld für Ihre Teams zu schaffen, da die Idee von Motivation durch nur geldgetriebene Anreizsysteme in einem Umfeld von grundsätzlich spannender, kreativer Wissensarbeit innerhalb unserer hoch entwickelten Wirtschaftssysteme nicht mehr gut genug funktioniert und sogar einen demotivierenden Effekt erzielen kann.[1] Dazu paart sich eine auffällige Beobachtung der immer größer werdenden Anzahl von Mitarbeitenden, die keinen Sinn mehr in ihrer Tätigkeit für Organisationen sehen, in der die Führungsebenen scheinbar immer entkoppelter von den Realitäten und tatsächlichen Erfordernissen zur Ausübung des jeweiligen Geschäftsmodells sind oder zusammengefasst, die Arbeitsbedingungen für viele nicht mehr im Einklang mit den jeweiligen persönlichen Motiven stehen.
Demotivation als Normalzustand
Die zuletzt 2024 durchgeführte internationale Umfrage des Gallup-Instituts bestätigt, dass in Europa bei über 18.200 befragten Angestellten 72% bereits innerlich gekündigt haben, weitere 15% ihre Unzufriedenheit sogar öffentlich kundtun.[2] Zusammengerechnet sind also 87% der Angestellten ohne Leidenschaft bei der Arbeit.
Das sind alarmierende Zahlen, denn Demotivation am Arbeitsplatz schadet der Produktivität. Gallup beziffert den makroökonomischen Negativeffekt durch niedriges Engagement auf weltweit über 8,8 Billionen US-Dollar, was insgesamt 9% des globalen Brutto-Inlandprodukts ausmachen soll.[3]
Shareholder Value vs. Stakeholder Governance
Doch wie können Organisationen diesen Trend umkehren?
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der allergrößte Teil der Unternehmen ein motivierendes Umfeld für Mitarbeitende schaffen möchte, damit motivierte Mitarbeitende gute Leistung für Kunden und weitere Stakeholder erbringen.
Nun, eine der Ursachen für Demotivation am Arbeitsplatz ist der Tatsache geschuldet, dass viele Unternehmen immer noch profitables Wachstum als oberstes Unternehmensziel proklamieren. Vermutlich deswegen, weil dieses System über die letzten 50 Jahre (halbwegs) funktioniert hat. Milton Friedman, einer der einflussreichsten Ökonomen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts[4], beschreibt im Jahre 1970 in einem damals vielbeachteten Artikel in der New York Times, dass die soziale Verantwortung von Unternehmen einzig in der Steigerung deren Profite liege.[5] Friedman hat damit den Grundstein für den Shareholder-Value-Ansatz gelegt. Mit Creating Shareholder Value hat Alfred Rappaport im Jahre 1986 dann die Theorie beschrieben, wonach die Unternehmensleitung im Sinne der Anteilseigner handeln soll; dies mit dem Ziel der Maximierung des Unternehmenswertes durch Gewinnmaximierung und Erhöhung der Eigenkapitalrendite.[6] Und diese Theorie hat im wahrsten Sinne des Wortes Schule gemacht, wurde fortan an den Wirtschaftsuniversitäten der westlichen Welt unterrichtet und prägte somit eine ganze Generation an Führungskräften und Unternehmenslenkern.
Mittlerweile gibt es allerdings gute Evidenz, die gegen das langfristige Funktionieren des Shareholder-Value-Ansatzes spricht und es zeigt sich, dass vor allem kurzfristige Shareholder-Value-Maximierung enorme Risiken birgt, die vom Mittelabzug für benötigte Investitionen des Unternehmens, bis hin zu unethischem Verhalten reichen. In Making Sense of Shareholder Value: „The World’s Dumbest Idea“ erläutert Autor Steve Denning eine Studie der Stern School of Business und der Harvard Business School, in der Investitionen von börsennotierten und nicht-börsennotierten US-Unternehmen verglichen wurden. Die Erkenntnis war, dass nicht-börsennotierte Unternehmen fast doppelt so viel in die Weiterentwicklung der Unternehmen investierten als börsennotierte Unternehmen – 7% zu 4% des jeweiligen Gesamtvermögens. Denning schlussfolgert daraus, dass Führungskräfte der börsennotierten Unternehmen weniger unternehmerisch handelten, um dem Shareholder-Value Ansatz gerecht zu werden.[7]
Noch drastischer sei die Auswirkung laut Denning aber auf Mitarbeitende: „Sobald ein Unternehmen die Maximierung des Shareholder-Value und des aktuellen Aktienkurses zum Ziel hat und das Top-Management zu diesem Zweck üppig entlohnt, hat die Führungsebene kaum eine andere Wahl, als ein Command-and-Control-Management einzusetzen, denn Geld für die Aktionäre und die Führungsebene zu verdienen, ist für die Mitarbeiter von Natur aus wenig inspirierend.“[8]
Auch Sinek, Docker und Mead kommen zu dem Ergebnis: Organisationen, die ihren Zweck mit einem Ergebnis definieren, sind oft kein guter Arbeitsplatz.[9] Auf die Fragestellung, ob denn Geld verdienen als einziger Existenzzweck für Unternehmen nicht ausreichend sei, antworten diese zudem: „Profitorientierte Unternehmen mögen kurzfristig finanziell besser abschneiden, aber ihr Erfolg ist nicht nachhaltig. Langfristig können Sie nicht die Art von Loyalität, Vertrauen und Innovation an sich binden, die einer Organisation mit einem höheren Ziel zur Verfügung steht.“[10]
Darf Profitabilität somit kein Ziel mehr für Unternehmen sein?
Unbestritten, Profitabilität soll weiterhin angestrebt werden. Allerdings ist Profitabilität ein Resultat und dient nicht als inspirierendes Ziel für Mitarbeitende. Auch sind börsennotierte Unternehmen per se nicht zu verdammen. Für ein motivierendes Arbeitsumfeld auch in börsennotierten Gesellschaften ist allerdings eine Vergrößerung der Perspektive hin zu weiteren Stakeholdern der Organisation notwendig. Wenn die Auswirkungen von Unternehmensentscheidungen auch auf Mitarbeitende, Kunden, Lieferantenpartner, die Umwelt sowie auf die Gesellschaft berücksichtigt werden, dann entsteht eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die in einer Ausprägung als Stakeholder Governance bezeichnet wird.
Wie kann diese Perspektiverweiterung erfolgen?
Zum Beispiel mit Hilfe der Non-Profit Organisation B Lab. Diese verfolgt das Ziel, Unternehmen als Kraft für das Gute einzusetzen und zertifiziert Unternehmen, die sich allen Stakeholdern verpflichtet fühlen, als B Corps. Weltweit gibt es bereits über 9.500 Unternehmen in 160 Branchen, Tendenz weiter steigend.[11]
Die Berücksichtigung aller Stakeholder mag in erster Betrachtung komplex erscheinen. Doch Komplexität kann dann reduziert werden, wenn ein höheres Unternehmensziel als Filter in allen Organisationsbereichen für Entscheidungen herangezogen wird. Mit dem Effekt, dass Mikro-Management von mehr Handlungsfreiraum und Entscheidungsautonomie der Mitarbeitenden abgelöst wird.
Purpose Driven Organizations
Aus diesem Grund beschließen immer mehr Unternehmen, einen Zweck für sich zu definieren, bzw. freizulegen. Dieser Purpose beschreibt den Existenzgrund des Unternehmens, samt positivem Einfluss auf die Gesellschaft und den Planeten.
Aber bitte nicht falsch verstehen! Das ist kein Abgesang jeglichen Performance-Gedankens. Im Gegenteil: „Ein Unternehmenspurpose wirkt sich deutlich positiv auf wichtige Kennzahlen wie Produktivität, Vertriebsleistung oder Neukundinnenquote und auf das Gesamtergebnis aus“, schlussfolgern Fink und Moeller in ihrem Playbook – Purpose Driven Organizations[12].
Purpose und Stakeholder Value Creation werden auch in The Power of Strategic Fit von Darrell Rigby und Zach First, beide Partner bei Bain & Company, als je einer von insgesamt sieben Grundbausteinen für langfristigen Unternehmenserfolg beschrieben.[13]
Zudem wird mit Purpose den Mitarbeitenden ein Sinn vermittelt. Und Sinnhaftigkeit ist nach Daniel Pink einer der drei Kernelemente von Motivation in der Arbeitswelt.[14]
Was wirklich motiviert
Stehen die persönlichen Motive der Einzelnen (der persönliche Purpose) mit dem Purpose der Organisation in Einklang, dann ist durch Purpose ein wahrer Meilenstein für ein motivierendes Umfeld geschaffen. Ein Purpose-Statement allein reicht dabei aber noch nicht. Unternehmen müssen den Zweck der Organisation zum Leben erwecken und zum festen Bestandteil des Arbeitsalltags machen. Dazu ist vor allem Commitment der Führungskräfte nötig.
Doch neben Sinnhaftigkeit gibt es noch mehr: Laut Pink sind auch Selbstbestimmung und Perfektionierung weitere, wesentliche Motivationstreiber für Mitarbeitende.[15] Selbstbestimmt arbeiten bedeutet allerdings nicht, frei von jeglichen Regeln zu arbeiten, sondern vielmehr entsprechende Freiräume in der täglichen Arbeit zu haben – dies entlang des übergeordneten Ziels des Unternehmens. Mit Perfektionierung meint Pink, dass Personen davon angetrieben werden, immer besser in ihrem Tätigkeitsfeld zu werden; eine kontinuierliche Verbesserung des eigenen Tuns in einer Sache zu erreichen. Dies stets in dem Wissen, dass Perfektion nie erreicht sein wird, sondern ein unendliches Spiel ist. Ziele wie „Marktführer werden“ oder „der beste Anbieter für eine Sache zu sein“ ist daher ein weniger zielführendes Unternehmensziel. Unternehmen sollten vielmehr Rahmenbedingungen schaffen, die Platz zum Üben (z.B. durch Trainings & Coachings) geben: Das allererste Vertriebsgespräch eines Junior Account Managers wird möglicherweise noch nicht so gut laufen. Nach dem zwanzigsten Gespräch wird es vermutlich aber schon viel besser funktionieren.
Nicht von Daniel Pink genannt, aber dennoch wichtig für ein motivierendes Umfeld in Unternehmen ist die Teamzugehörigkeit. «Es ist kein Zufall, dass viele der am wenigsten befriedigenden Jobs auch zu denen gehören, die mit der größten Einsamkeit verbunden sind.»[16] Der Punkt Teamzugehörigkeit kann aufgrund von zwei Aspekten mit als wesentlicher Motivationstreiber angesehen werden: Einerseits, weil gute soziale Beziehungen als wesentlicher Faktor für ein glückliches Leben gesehen werden, und andererseits aufgrund der Möglichkeit, innerhalb von Teams die Wissensteilung besser zu ermöglichen. Diese Wissensaneignung steht wiederum im Zusammenhang mit der Perfektionierung, denn Lernen fördert diese. Hier wird die Wechselwirkung der allgemeinen Motivationstreiber erkennbar.
Auch wenn Motivation für jede Person individuell ausgeprägt ist und allgemeine Motivationstreiber aus weiteren Perspektiven betrachtet werden können[17]; mit dem Wissen über die vier Grundbereiche
- Sinnhaftigkeit,
- Perfektionierung,
- Selbstbestimmung und
- Teamzugehörigkeit
entstehen für Unternehmen jede Menge Handlungsmöglichkeiten, um ein motivierendes Umfeld für Mitarbeitende zu schaffen.
Wenn du nun in die konkrete Umsetzung gehen möchtest und Maßnahmen für ein motivierendes Umfeld in deiner Organisation ergreifen möchtest, dann kontaktiere uns gerne. Mit VORTRAGEND schaffst du ein motivierendes Umfeld, damit dein Unternehmen Außerordentliches für Kunden erreicht. Kontaktiere uns hier.
[1] Vgl. Daniel H. Pink (2011), Drive: Was Sie wirklich motiviert, S.29 ff.
[2] Vgl. State of the Global Workplace: 2024 Report: https://www.gallup.com/workplace/349484/state-of-the-global-workplace.aspx (abgerufen am 4. November.2024)
[3] Vgl. State oft he Global Workplace: 2023 Report (abgerufen am 2. Januar 2024)
[4] Vgl. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Milton_Friedman (abgerufen am 30. März 2025)
[5] Vgl. The New York Times: https://www.nytimes.com/1970/09/13/archives/a-friedman-doctrine-the-social-responsibility-of-business-is-to.html (abgerufen am 30. März 2025)
[6] Vgl. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Shareholder_Value (abgerufen am 30. März 2025)
[7] Vgl. Forbes: https://www.forbes.com/sites/stevedenning/2017/07/17/making-sense-of-shareholder-value-the-worlds-dumbest-idea/ (abgerufen am 30. März 2025)
[8] Forbes: https://www.forbes.com/sites/stevedenning/2017/07/17/making-sense-of-shareholder-value-the-worlds-dumbest-idea/ (abgerufen am 30. März 2025)
[9] Vgl. S. Sinek, P. Docker, D. Mead (2022), Finde Dein Warum, S. 109
[10] S. Sinek, P. Docker, D. Mead (2022), Finde Dein Warum, S. 182
[11] Vgl. C Lab Europe: https://bcorporation.eu (abgerufen am 31. März 2025)
[12] F. Fink, M. Moeller (2024), Playbook – Purpose Driven Organizations, Kapitel 3.1.
[13] Vgl. Harvard Business Review: https://hbr.org/2025/03/the-power-of-strategic-fit?ab=HP-hero-featured-1 (abgerufen am 31. März 2025)
[14] Vgl. Daniel H. Pink (2011), Drive: Was Sie wirklich motiviert, S.161 ff.
[15] Vgl. Daniel H. Pink (2011), Drive: Was Sie wirklich motiviert, S. 105 ff., S. 135 ff.
[16] R. Waldinger, M. Schulz (2023), The Good Life… und wie es gelingen kann. Erkenntnisse aus der weltweit längsten Studie über ein erfülltes Leben., Kap. 9.4
[17] z.B., was triggert intrinsische Motivation, etc.